Die Überholung eines Bing-Gleichdruck-Vergasers, wie er an einer 2-Ventil-Boxer-BMW der R-Serie verbaut wurde ist grundsätzlich keine Hexerei.
Ein paar Dinge muss man beherzigen, etwas Aufmerksamkeit beim Auseinandernehmen und Zusammenbauen und etwas Geschick beim Einstellen des
Vergasers nach Wiedereinbau gehören dazu.
Die besten Voraussetzungen hat man natürlich, wenn man den Freiburger-Schrauberkurs gemacht hat.
Die Beschreibung basiert auf dem Bing Typ 64 (32mm, u.a. R80), jedoch sind die Unterschiede zum Typ94
zu gering, als das hier näher darauf eingegangen werden muss. Nähere Details siehe www.bing.de.
Selbst der Typ64 der R90/6 aus den Siebzigern ist
nahezu baugleich. Er besitzt kurioserweise aber keine Federn oberhalb des Unterdruckkolbens.
(Nr. 22 der Teilezeichnung).
1. Vorbereitung
Zur Vorbereitung gehört vor allem die Anschaffung von Ersatzteilen. Je nach Alter und Zustand des
Vergasers reicht ein Dichtungssatz. Siehe Bild 1.
Original Bing kostet zwischen 5 und 10 Euro. Bei BMW gibt's als Reparaturkit (Dichtungssatz) den
Satz incl. Membrane (Teil.Nr. 16) und Federn (Teil.Nr. 22).
Kostet ca. 32 Euro. Die Membranen sind fällig, wenn sie sehr labbrig und rissig sind.
Zu den Membranen ein kleiner
Exkurs ->>>>
Die Federn nur erneuern, wenn sie deutlich unterschiedliche Federraten haben.
Federn kann man messen, indem man beide auf eine Gewindestange setzt und leicht zusammendrückt.
Sind dann beide gleich lang, ists ok, ansonsten sind die Federraten unterschiedlich, was nicht gut
für die Synchronisation ist.
Zu den Federn ein kleiner
Exkurs ->>>>
Bild1
2. Ausbau des Vergasers
Hierbei ist zu beachten, dass die Stutzen, die zwischen dem Luftfiltergehäuse und den
Vergaser montiert werden nicht gleich gross/lang sind. Ggf. kennzeichnen. Waren die Züge
bisher gut, vor allem synchron, eingestellt, kann man sich die Position merken, dann ist
die Einstellerei nach dem Wiedereinbau etwas leichter.
Ein Lappen im nun offenen Ansaugstutzen des Zylinderkopfes kann nicht schaden,
wenn er länger offen steht. Weitere Details finden sich in jeder gängigen Reparaturanleitung.
3. Zerlegen des Vergasers
Gehäuse und Düsen:
Hierbei ist vor allem Vorsicht geboten. Rohe Gewalt ist fehl am Platz. Gehäuse, Düsen und
ähnliches sind sehr empfindlich.
Alle Teile sollten in einem sauberen Gefäss gesammelt werden, am Besten alle Teile des
rechten und linken Vergasers für sich. Auch wenn viele Teile austauschbar sind. So kommt
nichts durcheinander.
Der Vergaser sollte zum Reinigen komplett zerlegt werden. Jedoch würde ich auf den Ausbau
der Drosselklappe bzw. deren Achsen verzichten, sofern sich keine offensichtliche Schäden
zeigen, was sehr selten der Fall ist. Der Ausbau gestaltet sich zudem recht kompliziert,
aufgrund der verpressten Schrauben an der Drosselklappe.
Man sollte sich gut merken, was man wie zerlegt hat, wobei die Teilezeichnung in den meisten
Fällen hilft.
Membranen:
Wenn die Membranen lediglich etwas ausgeleiert sind, aber keinerlei Risse zeigen,
kann man sie über Nacht auf eine Heizung legen. Dann sollen die Benzole verdampfen,
die das Gummi weich machen. Ich habe es selbst noch nicht probiert, werde das aber zu
gegebener Zeit einmal tun. (auf die Gefahr hin, dass die Wohnung arg nach Sprit riechen
wird)
Sofern man sie austauschen möchte, ist genau darauf zu achten, wie die alten eingebaut sind.
Wegen der kleinen Nase, die in die Aussparung des Vergasergehäuses passt. Somit wird die
richtige Richtung des Unterdruckkolbens (Teil-Nr. 13) mit seinen unterseitigen Bohrungen gewährleistet.
Startervergaser:
Beim Zerlegen des Startervergasers ist darauf zu achten, dass man sich die Lage des Tellers (Teil-Nr. 47)
merkt. Es gibt aber auch eine kleine Bohrung auf der Stirnseite der Achse (siehe Bild), die zur Nase
des Deckels (Teil-Nr. 48) zeigen muss. Sonst ist die Position der Löcher falsch.
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Schwimmer:
Der Schwimmer (Teil.-Nr. 40) wird durch eine kleine Steckachse (Teil-Nr. 41) gehalten,
die an der einen Seite gerändelt ist und auf der anderen Seite leicht konisch ist.
Sie kann daher nur ein eine Richtung ausgebaut werden. (Genau hinsehen).
Üblicherweise schiebt man diese Achse mit einem Stift (stumpfer Nagel o.ä.)
vorsichtig, ggf. mit leichtem Schlag seitlich raus, so dass die Rändelung
zuerst rausguckt. Nicht umgekehrt.
Normalerweise zur Vergaser-Innenseite (also der Motor zugewandten Seite).
Aber bei gebrauchten Vergasern weiss man das nie so genau.
Die Schwimmernadel ist durch eine kleine Drahtklammer, ähnlich einer Büroklammer,
befestigt. Die purzelt gleich raus, also Vorsicht. (Teil-Nr. 43)
Der Schwimmer vergilbt mit der Zeit, was grundsätzlich kein Anlass zur Sorge ist.
Bei älteren Modellen jedoch oft ein Indiz dafür, dass er sich „voll gesaugt hat“ und
damit zu schwer ist. Dann stimmt der Schwimmerstand nicht mehr. Im Laufe der Jahre
wurde von Bing offensichtlich unterschiedliches Material verwendet. Neue Schwimmer
wiegen in etwa 12 g. Ein wenig mehr schadet nicht, ansonsten austauschen.
Es sollte noch geprüft werden, ob die Schwimmerkörper zueinander
parallel stehen. Dazu den noch ausgebauten Schwimmer auf eine eben Fläche legen und schauen, dass er
flach aufliegt. Auch hier ggf. das Blech vorsichtig etwas biegen.
4.Reinigen des Vergasers und neu Abdichten
Ist der Vergaser ansonsten vollständig zerlegt, inkl. Startervergaser, kann er nun gereinigt werden. Hierbei stehen drei Möglichkeiten zur Auswahl.
a) Ultraschallbad (ca. 30 Min.)
b) Kukident in lauwarmem Wasser (ca. 1-2 Std.)
c) Mit Benzin und Pinsel alles auswaschen
Variante a) bzw. b) sind zu bevorzugen. Dabei ist aber zu beachten, dass der Vergaser anläuft
und seinen „schönen Glanz“ verliert. Er wird matt.
Also nicht, dass mir einer kommt und schimpft, weil sein Vergaser nun grau ist.
Das mit dem Kukident finde ich persönlich gut und preiswert !
Anschliessend sollte alles gut getrocknet, am Besten mit Druckluft trocken gepustet werden.
Es gibt Fetischisten, die legen ihre Vergaser anschliessend in Alkohol, um die restliche
Feuchtigkeit zu verbannen. (Wer es mag....)
Die ausgebauten Düsen schön mit Sprit sauber machen und durchpusten. Es kann sich u.U.
lohnen die Düsen auch zu erneuern. Vor allem die Nadeldüse (Nr. 2) wird mit der Zeit
oval durch das ständige vibrieren der Düsennadel (Nr. 4) darin.
(Meine waren bei knapp 40 TKM und 14 Jahre alt noch ok, optisch!)
Ich habe dann doch mal gewechselt (inkl. Nadel). Das Ergebnis war doch erstaunlich:
Subjektiv runderer Motorlauf bei besserm Durchzug von unten, Objektiv 0,5l weniger Spritverbrauch.
Auch das Startervergasergehäuse und sonstige Bauteile, die nicht im Bad waren mit Sprit
oder Verdünnung, o.ä. reinigen, durchpusten oder mit sauberem Lappen reinigen.
Den zusammengebauten Vergaser kann man mit einem ordentlichen „Sprüh“ WD40 zu neuem
Glanz erstrahlen lassen, dabei vor allem auch in die Winkel und Ecken aller äusseren,
beweglichen Teile sprühen.
5. Die Dichtungen
Jetzt kommen die Dichtungen an die Reihe (siehe Bild 1 bzw. Teilezeichnung)
Alle O-Ringe nach Zeichnung ersetzen. Der grüne (Nr. 49) ist für die Achse des Startervergasers,
die anderen kann man aufgrund ihrer Grösse kaum falsch einbauen. Die vier ganz
kleinen (je Nr. 6 und 9) für die Leerlaufgemisch-Schraube (Nr. 7) bzw. Leerlaufdüse (Nr. 5)
sind etwas knifflig aufzuziehen. Man kann sich mit einer kegelförmigen Kulispitze helfen.
Die Papierdichtung des Startervergasers (Nr. 50) sollte etwas eingefettet werden bevor
man wieder zusammenbaut. Ebenso etwas Fett auf die Achse des Tellers (Nr. 47). Dann den
Deckel vorsichtig aufsetzen und die vier Schrauben vorsichtig und gleichmässig anziehen.
Der Startervergaser sollte sich leicht und präzise bedienen lassen.
Beim Einbau auf die
kleine Markierung achten (Bohrung zur Nase des Gehäuses)
Noch ein Tipp am Rande: je nach Alter sollte man zwei Euro spendieren und neue Rückholfedern
für den Choke besorgen. Damit das Teil auch wirklich schön zugeht.
ja ja so einen O-Ring auf die Gemisch-Schraube draufziehen...
6. Zusammenbau
Vereinfacht gesagt: Alles in umgekehrter Reihenfolge wieder zusammensetzen.
Beim Düsenstock darauf achten, das der Zerstäuber mit Nadeldüse (Teil-Nr. 2)
richtig eingesetzt wird. (siehe Teilezeichnung). Hier hilft auch eine kleine
Vertiefung auf die die Nadeldüse auf den Düsenstock aufgesetzt wird.
Düsenstock einschrauben handfest anziehen, Hauptdüse einschrauben und festziehen,
dabei mit einem Gabelschlüssel den Düsenstock etwas halten, zieht sich sonst u.U. zu fest.
Beim Einbau der Membrane ist vor allem darauf zu achten, dass diese eine "Nase" am Rand hat, die
später in eine Aussparung des Vergasergehäuses passt. Damit ist sichergestellt, dass die Bohrungen
im Unterdruckzylinder in die richtige Richtung zeigen, d.h. die zwei kleinen Löcher müssen der Drosselklappe
zugewandt sein.
Schwimmer mit der Klammer und der Ventilspitze (Teil.Nr. 42/43) einsetzen.
(ist etwas knifflig) und die Steckachse wieder einsetzen.
Schwimmerstand prüfen und Leerlaufdüse nicht vergessen.
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Nach dem Einbau die Schwimmerstellung prüfen. Der Schwimmer muss so eingestellt sein, dass seine
Kante parallel zur Unterkante des Vergasergehäuses steht und dann gerade das Schwimmerventil
abdichtet. Entweder im eingebauten Zustand mit untergestelltem Glas testen wann Sprit läuft oder nach dem
Reinigen und Einbauen mit einem Schlauch im Mund reinblasen und gucken/hören, wann das Ventil dicht macht.
Ggf. das Blech (Nr. 3) etwas nachbiegen. |
Im Schwimmerkammerdeckel (Teil.Nr. 44) ist in der Ecke noch eine kleine Düse,
die gereinigt werden will, ebenso, wie das senkrechte Röhrchen im Deckel.
Abschliessend Deckel mit neuer Korkdichtung einbauen.
7. Grundeinstellung und Anbau der Vergaser
Nach der ganzen Prozedur dreht man die Leerlaufgemischschraube ganz rein und ca. eine
Umdrehung wieder raus.
(D.h. den Schlitz der Schraube um etwas mehr als 360 Grad drehen)
Die Drosselklappenanschlagschraube ganz rausdrehen. Dann ein Stück Papier zwischen
Schrauben und Anschlag legen und die Schraube soweit reindrehen, bis das das Papier
sich gerade noch zerstörungsfrei also leicht rausziehen lässt.
Jetzt die Drosselklappenanschlagschraube noch eine halbe Umdrehung weiter drehen.
(D.h. den Schlitz der Schraube um 180 Grad drehen)
Mit dieser Grundeinstellung läuft der Motor normalerweise schon sehr gut.
Man kann sich jetzt entscheiden, ob man den Gleichlauf im Stand nach Gehör oder mit
Unterdruck-Uhren einstellen möchte. Mit den Uhren ist das jedenfalls auch nicht so ohne.
Läuft der Motor von alleine hoch, stehen die Drosselklappen zu weit auf.
D.h. die Anschlagschraube wurde zu weit reingedreht. Dann saugt der Motor zuviel
Luft und hebt den Unterdruckkolben (Teil-Nr. 13) an und "gibt selbst Gas".
Nach einer ausgiebigen Probefahrt kann man auch anhand des Kerzenbildes,
welches vor allem links wie rechts gleich sein sollte und möglichst rehbraun, max. leicht grau
(so schön rehbraun wie früher wird das mit bleifreiem Sprit sowieso nicht mehr)
sehen, ob man alles richtig gemacht hat.
Ich habe auch schon während einer Probefahrt die Synchronisation der Drosselklappen
und Züge eingestellt. Das war mindestens so gut eingestellt wie mit Unterdruck-Uhren.
zum Einstellen gehts hier lang:
Bings einstellen
Hat man alles richtig gemacht, läuft der Motor einfach schöner, hat mehr Leistung und
braucht weniger Sprit.
Viel Spass beim Schrauben !!!!
Experten-Team vom Freiburger-Schrauberkurs mit Versuchs Q beim Einstellen der Vergaser.
R80@restat.de